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Trotzdem -Vertrauen! Christina Ott gibt praktische Tipps für unsichere Zeiten
Auszug aus dem Kapitel "Trotzdem - Mutig leben in unsicheren Zeiten" im Buch "Unvollkommen glücklich. Vom Mut, ich selbst zu sein"
Erschienen im Francke Verlag Juli 2020

Das Jahr 2020 hatte mit Vollgas begonnen. Tatendrang, Terminfülle, private und dienstliche Vorhaben. Und nun? Wie ein Zug, der quietschend bremst und anschließend quälend lange stillsteht, wurde das öffentliche Leben gestoppt. Die berechtigte Sorge vor der ungehinderten Ausbreitung des Corona-Virus machte staatlich verordnete, massive Einschränkungen nötig. Ob uns das gefällt oder nicht, spielt keine Rolle, die Einsicht eines jeden wird gebraucht. Ringsum ist eine massive Verunsicherung spürbar. Es gibt kaum ein Gespräch, das ohne das Stichwort „Corona“ auskommt. Mein innerer Abstandsmesser ist mittlerweile geeicht. Wenn mir Menschen entgegenkommen, sorge ich, sobald sich unsere Wege kreuzen, für den nötigen Abstand. Gründliches Händewaschen wird ganz neu zum Ritual - viel gründlicher, als gewöhnlich. Die Haut reagiert schon auf reichlich Wasser, Seife und Desinfektionsmittel. Wie kann man da mutig und vertrauensvoll leben? Eher verspürt man ein mulmiges, bekommenes oder gar ängstliches Gefühl.

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Sobald wir jedoch versuchen, die Lage mit mehr Abstand zu betrachten, dämmert uns vielleicht eine Ahnung. Nämlich, dass diese Situation, so fremd und ungewohnt sie uns scheint, eigentlich ein natürliches Lebensgefühl ist. Geschichtsbücher, Romane und Erzählungen unserer Vorfahren berichten davon. Allerdings kennen wir dieses Lebensgefühl nicht mehr. Mir persönlich geht es zumindest so, obwohl ich schon seit mehr als fünf Jahrzehnten hier in Deutschland lebe. Stattdessen ist die gefühlte Sicherheit gestiegen: Lebensplanung - gepaart mit Versicherungen gegen alles und für jeden. Was kann da noch schiefgehen? Außer persönliche Härten oder Tragödien kann uns doch kaum etwas passieren…

Fragiles Lebensgefüge

Und plötzlich stehen wir mir derselben Unsicherheit da, die Generationen vor uns schon kannten. Menschen, die teilweise mehrere Missernten nacheinander hatten. Oder Einwohner von Lübeck und Regensburg, die im 12. Jh. trotz aller Bemühungen ihre verheerenden Stadtbrände nicht zu löschen vermochten. Und wie Menschen in Ostafrika heutzutage, denen nach jahrelanger Dürre jetzt Schwärme von Wüstenheuschrecken erbarmungslos die letzte Lebensgrundlage wegfressen. Das alles war weit weg. Doch jetzt rückt die Erfahrung uns auf die Pelle, dass auch unser Lebensgefüge fragil ist. Ein winziger Virus zeigt lässt alle roten Lampen aufleuchten.

Der renommierte Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx berichtet von einer Frage, die ihm derzeit oft gestellt wird. Sie lautet: „Wann wird Corona vorbei sein und wann wird alles wieder zur Normalität zurückkehren?“. Er meint darauf: Niemals. Denn die Welt, wie wir sie kennen, löse sich nach seiner Einschätzung gerade auf. Allerdings macht dieser Umstand Horx keine Angst. Er formuliert weiter: „Dahinter fügt sich eine neue Welt zusammen, deren Formung wir zumindest erahnen.“ Da könnte etwas dran sein.

Was aber ist hilfreich?

Was hilft, solange man noch in der Krise steckt und der Ausgang unbekannt ist? Henry Cloud, ein amerikanischer klinischer Psychologe und Vortragsredner, hat dazu einiges zu sagen. Er zieht als Vergleich die Bedürfnisse eines Menschen heran, der den Notruf wählt, während er sich in einer bedrohlichen Lebenssituation befindet. Nach Cloud hängt es von drei Faktoren ab, ob und wie gut sich der Anrufer aufgehoben fühlt. Wenn sie erfüllt werden, stellt sich beim Hilfesuchenden die Sicherheit ein: Es kann doch noch alles gut werden…

1. Die funtionierende Verbindung

Wie gut, dass nicht nur ein Anrufbeantworter das Gespräch annimmt, sondern eine reale Person. Der Notrufwählende braucht das Wissen: Es ist jemand für mich da. Eine vertrauenswürdige Person, die sich auskennt und die ihr Möglichstes für mich tut.

2. Eine vertrauenserweckende Tonlage

Der Tonfall sollte warm und beruhigend sein. Natürlich nicht auf übertriebene Weise, sondern echt! Durch die Tonlage kommt die Botschaft an: das Gegenüber nimmt mich ernst und ist auf meiner Seite.

3. Die Hilfe zur Struktur

Selbst, wenn man nicht weiß, was als erstes zu melden ist, helfen die exakt gestellten Fragen von der anderen Seite weiter. Meist folgt dann eine Aufforderung, was jetzt genau zu tun ist. „Bleiben Sie vor Ort. Der Notarztwagen ist in 3 Minuten da!“ Sogar im Falle einer notwendigen Reanimation bekommt man Instruktionen, was exakt zu tun ist. Das vermittelt die Sicherheit: Hier hat jemand die Kontrolle.

Die klare, ruhige und freundliche Ansage auf der anderen Seite der Leitung überträgt sich.Durch sie kann unser Gehirn den Krisenmodus wieder verlassen. Die Ausschüttung von Stresshormonen wird gebremst. Stattdessen ist der Zugriff auf klares Denken, Entscheidungsfähigkeit und konstruktive Lösungssuche wieder möglich.

Wie haben Sie 2020 in Erinnerung?

Welche Gedanken und Gefühle lagen obenauf? Mit welcher Strategie haben Sie darauf reagiert? Wenn Sie darüber Klarheit gewinnen, durchschauen Sie sich selbst ein wenig besser. Und ohne Sie zu kennen, wage ich eine Vermutung: Mit großer Wahrscheinlichkeit sind Ihnen diese Gedanken und Gefühle auch aus anderen Zusammenhängen von sich selbst vertraut. Vielleicht treten sie nicht immer in dieser Stärke auf, sondern nur abgeschwächt. Auch Ihre eigenen Handlungsstrategien sind für Sie nicht neu. Wie ein abrufbares Muster, das sich automatisch wiederholt, sind diese einfach da.

Die meisten Frauen sind sehr empfänglich für jede Form der Verunsicherung. Vielleicht auch, weil uns Frauen die Beziehungen zu anderen Menschen so wichtig sind. Wir sorgen uns sofort auch um unsere Lieben. Je unsicherer eine Persönlichkeit ist, umso heftiger erlebt sie aufkommende Krisen. Dabei spielt das Kopfkino eine entscheidende Rolle.

Mutig leben in unsicheren Zeiten

Diese Herausforderung kann auch in unserem persönlichen Leben jederzeit präsent werden. Sobald etwas vom Gewohnten wegbricht, das uns bisher Sicherheit gab, wackelt das gesamte Lebensgefüge. Die unterschiedlichsten Szenarien sind hierfür denkbar. Intensivpflege eines Angehörigen, Trennung oder Insolvenz könnten solch gefürchtete Stichworte sein.
Sicher ist es gut, diese nicht alle im Detail zu erwägen und durchzuspielen. Dadurch entstehen unnötige Ängste.

Die Chance des "Trotzdem"

Schlagartig treten in unsicheren Zeiten Dinge, mit denen wir uns sonst gern beschäftigen, in den Hintergrund. Die neueste Mode wird unwesentlich. Auch der aktuelle Kontostand verliert an Bedeutung. Jetzt zeigt sich in besonderer Weise, was wirklich trägt. Schlagartig ist nicht mehr theoretisches Wissen und Glauben gefragt, sondern die existenzielle Praxis steht an. Dies haben viele Menschen durchlebt und durchbuchstabiert. Letztendlich reiften sie darin. Nicht nur in ihrem Glauben, sondern auch als glaubwürdige Persönlichkeiten. Manchmal braucht es den „Trotzdem-Glauben“. Allen Umständen zum Trotz. Über unsere tatsächliche Befindlichkeit hinaus. In der Logotherapie gibt es dafür den Begriff „Trotzmacht des Geistes“. Diese Formulierung umschreibt, dass auch in der existenziellsten Krise noch Möglichkeiten bleiben.

Die Trotzmacht ermöglicht es uns, sie zu ergreifen und mutig in die Waagschale des Zusammenlebens zu werfen. Denn wenn es im Leben richtig eng wird, wenn gewohnte Sicherheiten wegbrechen, können wir unbeirrt an bewusst gewählten Haltungen festhalten. Oder uns neu für sie entscheiden. Spontan fallen mir dazu ein: Einsicht, Demut, Großzügigkeit, Gottvertrauen, Aufmerksamkeit für andere. Es gibt unzählige mehr davon. Und Sie brauchen Ihre ganz eigenen.Was immer Sie gerade erleben – Sie sind nicht allein in dieser Krise. Und in Ihnen steckt total viel, was Sie jetzt nutzen und abrufen können. Mit Mut und Gottvertrauen.

Praktische Anregungen 

  • Suchen Sie in unsicheren Zeiten immer wieder die Verbindung zu anderen Menschen. Genießen Sie den Kontakt, üben Sie, sich zu öffnen und über Ängste zu sprechen.
  • Schaffen Sie sich eine Struktur. Halten Sie möglichst an bestehender Routine fest. Dies hilft Ihnen, sich „normal“ zu fühlen. Was immer Sie regelmäßig tun, ist dafür geeignet. Laufen gehen, beten, im Lieblingssessel Tee trinken, Ihr Haustier versorgen…
  • Vermeiden Sie Informationsüberflutung. Setzen Sie sich Ihre eigenen Limits und vertrauen Sie Ihrer Einschätzung, indem Sie sich tatsächlich daran halten.
  • Akzeptieren Sie es, wenn Sie einige Ängste haben. Fürchten Sie sich nicht vor der Angst, sonst können daraus Panikattacken werden. Tun Sie mit Ihrer Angst, was gerade ansteht.
  • Lernen und nutzen Sie Entspannungstechniken. Wenden Sie geistliche Übungen an. Hinweise zu diesen Stichpunkten finden Sie im Internet.
  • Entwickeln Sie ein spirituelles Leben. Ein persönlicher Glaube, der unabhängig ist von den Umständen, gibt Ihren Wurzeln Halt.

Diese Tipps wurden von mir aus den Posts des Amerikanischen Psychotherapeuten Henry Cloudüber einen längeren Zeitraum zusammengestellt.

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