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Mut zu Liebe und Intimität

| Aktuelle Beiträge

Lichtblick Magazin für praktizierte Individualpsychologie - Juli 2019

Christina Ott über den Workshop mit Monika Risi-Widmer

Dreizehn Frauen und vier Männer fanden sich erwartungsvoll bei diesem Seminar ein. Schon gleich am Anfang stand die Frage im Raum, ob wohl Männer und Frauen dasselbe unter Intimität verstehen??? Monika Risi-Widmer aus Sempach (Schweiz) - Paar- und Sexualtherapeutin, die sowohl mit der Individualpsychologie als auch mit der Systemischen Therapie bestens vertraut ist - führte uns einfühlsam durchs Seminar. Sie half Frauen und Männern gleichermaßen zu verstehen, was Intimität tatsächlich ist: Nämlich ein Zustand des Wohlbefindens und einer tiefen Verbundenheit. Kennzeichnend ist die emotionale Nähe, die entsteht, wenn Partner ihre Gedanken und Gefühle teilen. Und natürlich wirkt sich das auch auf den Bereich der Sexualität aus. Folglich gibt es Sexualität mit Intimität und auch ohne diese besondere Verbundenheit. Und es gibt Intimität in der Partnerschaft ohne einen Koitus.

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Die Fähigkeit, Intimität zu erleben, hängt maßgeblich von einem stabilen inneren Selbstwert ab. Deshalb setzte Monika das gleiche Zitat von Rudolf Dreikurs an den Anfang und das Ende unseres Skriptes: „Nurein mutiger Mensch ist fähig, wirkliche Liebe zu leben“. Monika machte das plausibel, indem sie erklärte, dass unser größtes Hindernis auf dem Weg zur Intimität die Angst vor Unzulänglichkeit ist. Dazu gehört die Angst nicht zu genügen, schwach zu sein, das Falsche zu sagen oder zu tun. Auch die Angst bloßgestellt oder abgelehnt zu werden und die generelle Angst, verletzt zu werden. Wer sich in seinem Wert unsicher fühlt, neigt dazu, sich über Distanz zu schützen, Überlegenheit zu demonstrieren oder sich zu unterwerfen. Das auf diese ungünstige Weise auf Kosten des Partners/der Partnerin regulierte Selbstwertgefühl verhindert Intimität.

Über persönliche Übungen gelang es Monika, uns zu erlebten Gefühlen zurückzuführen, in denen unser Selbstwert in einer Partnerschaft stabil war. Dafür nutze sie ein Modell von Betty Lou Bettner (Crucial Cs). Wir alle waren eingeladen, uns an eine Situation in der aktuellen oder einer vergangenen Partnerschaft zu erinnern, in der wir uns

  • verbunden fühlten und sicher an unserem Platz
  • fähig fühlten und kompetent, in dem Vertrauen mitgestalten, beitragen und Verantwortung übernehmen zu können
  • wertvoll fühlten, bedeutend und nicht austauschbar
  • mutig fühlten, Herausforderungen auf positive Art anzugehen und optimistisch nach gleichwertigen Lösungen zu suchen

Daran konnten wir nicht nur sehen, dass wir grundsätzlich diese Fähigkeiten in uns tragen. Das wiederbelebte Gefühl ist ein innerer Anker, stärkt den Selbstwert und macht Mut, auch in Zukunft diese Fähigkeiten in der Partnerschaft abrufen zu können. Ein weiterer wichtiger Aspekt, den Monika ansprach, war das körperliche Selbstwertgefühl. Im aktuellen Trend neigen Frauen eher zu Vergleichen und zu hohem Anspruch. Und sie leiden am Schönheitswahn. Männer sind besorgt, ob ihre sexuelle Leistungsfähigkeit ausreicht. Leider verhindern kritische Selbstbeobachtung und der Fokus auf Performance das Wohlfühlen, Fallenlassen und damit Intimität. Stattdessen ist der Blickwinkel darauf hilfreich, was für mich stimmig und natürlich ist. Liebe und Intimität konzentriert sich auf Nähe, Verstehen und Anteilnahme.

In der zweiten Einzelarbeit ging es um Weiblichkeit, Männlichkeit, Sinnlichkeit, Intimität und Sexualität. In Zweiergruppen tauschten wir uns anschließend über Botschaften dazu aus unserer Herkunftsfamilie aus und konnten eine Zwischenbilanz unseres erotischen Lebens ziehen. Fragen wie: "Was möchtest du beibehalten, weil es dich bereichert?", "Was kannst du aufgeben, weil es nicht (mehr) zu dir passt?", "Spürst du in dir ein Potential der sexuellen Entwicklung, das bisher noch nicht zur Geltung gekommen ist und sich noch entwickeln möchte? Was könnte das sein?" forderten uns echt heraus. Gleichzeitig liegt genau da der persönliche Gewinn aus diesem Seminar. Die Antworten auf diese Fragen dürfen weiter nachreifen.

Mutiges Motto für das Liebesleben

Die Referentin ging sensibel auf alle Fragen aus der Gruppe ein. Sehr überzeugend kam ihre Kompetenz und langjährige Erfahrung als Therapeutin bei uns an. Und gleichzeitig zeigte sie sich auch als Mensch, als Frau und als Partnerin in ihrer eigenen Beziehung. Sie verschwieg das Maß der Herausforderung nicht. Denn selbst in einer guten Partnerschaft gibt es Momente, in denen man/frau sich nicht verstanden fühlt. Gleichzeitig lockte Monika uns dazu heraus, uns einen Schritt weiterentwickeln zu wollen in Richtung Intimität. Zum Abschluss durften wir einen persönlichen Satz formulieren als selbstbewusstes und mutiges Motto für unser zukünftiges Liebesleben. Einige Teilnehmerinnen ließen die gesamte Gruppe daran Anteil nehmen. Ich brauchte noch ein wenig Abstand, um das Gehörte zu verinnerlichen. Wie mein Satz heißt, wird nur mein Mann Johannes erfahren - in einem intimen Moment der Partnerschaft;-)


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